Preisgekrönte Bewegungsangebote

WERNAU: Stadt wird für ihre Gesundheitsförderung als „Gesunde Kommune“ ausgezeichnet – Mit 5200 Euro dotiert

Sportlehrer Oliver Otto (links) und Bürgermeister Armin Elbl bringen große und kleine Wernauer und sich selbst in Schwung. In der Mitte Susanne Breuer, die nach dem spaßigen Ballspiel den Förderpreis überreicht. Foto: Kaier

Von Regina Schultze

Die Stimmung im Tagungsraum des Wernauer Quadriums war gleich zu Beginn der Preisverleihung auf dem Höhepunkt: Preisträger und Gäste versuchten, einen Ball auf dem bunten Spieletuch kontrolliert zu bewegen. Den bekamen prompt Mitspieler und Umstehende an diverse Körperteile geschossen, derweil Bürgermeister Armin Elbl mit Kopfballeinlagen glänzte. Die sportliche Einlage fürs Foto passte bestens zum Thema: Wernau wurde als eine von zehn Kommunen in Baden-Württemberg mit dem Förderpreis „Gesunde Kommune“ ausgezeichnet. Im Landkreis landet ein weiterer Preis: Nächste Woche wird Esslingen geehrt.Mit einem „Weiter so!“ überreichte Susanne Breuer eine große Urkunde an den Rathauschef, das Preisgeld von 5200 Euro wird folgen. Die Gebietsbevollmächtigte der Bosch BKK in Wernau kam als Repräsentantin der Arbeitsgemeinschaft B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg, die den Preis vergibt. Nachdem Breuer viele Bewegungsprojekte in Wernau bereits kannte, hatte sie Elbl ermuntert, sich zu bewerben. Die Liste, was in den vergangenen zehn Jahren in Kindergärten, Schulen, Vereinen und im Rathaus unter dem Thema „Gesundheitsförderung in der sozialen Stadt“ gelaufen ist – und teilweise weiter läuft – ist lang.

Rückenkurse und Massage

Ex-Profifußballer und Sportlehrer Oliver Otto, der das Spieletuch mitgebracht hatte, verfolgt ein großes Ziel: Er will dafür sorgen, dass sich Kinder gerne bewegen – und das auch ohne seine zusätzlichen Sportstunden oder Projekte wie „Lokomotion“ oder die spaßige Bewegungserziehung „Balu“. Die Stadtverwaltung wurde auch aktiv: Sie hat Gesundheitstage für ihre Mitarbeiter angeboten, Rückenkurse, Nordic Walking, Wassergymnastik und sogar Kurzmassagen am Arbeitsplatz. Da raunten die Zuhörer etwas neidisch. „Das war auf einem Stuhl, da wird nicht mal die Krawatte zerdrückt“, berichtete Elbl grinsend. Im Rahmen einer Bachelor-Arbeit befragte eine Studentin die 100 Mitarbeiter zu den Themen Sport und Bewegung, Gesundheit und Suchtmittel – natürlich anonym. „Die Auswertung ist ein dicker Schmöker geworden.“ Mit einer Physiotherapie-Praxis arbeitet die Stadt zusammen.

Die Realschule bietet zusätzliche Sportstunden, „bewegte Pausen“, Besuche der Landessportschule, Schullandheime mit Outdoor-Sport-Schwerpunkten, bei Schnee auch Skikurse und Schneetage auf der Schwäbischen Alb. Die Teckschule trägt das Zertifikat „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“, die Kinder in der Schlossgartenschule lernen, wie man sich gesund ernährt und dass es besser ist, Nein zu Tabak und Alkohol zu sagen. Das neueste Projekt in Wernau läuft über Jahre: Nach und nach werden rund um das Seniorenzentrum St. Lukas Sportgeräte aufgebaut, die Alt und Jung motivieren sollen, sich zu bewegen. Der TSV Wernau wird wöchentliche Einweisungen an den Geräten übernehmen. Und er will ein neues Angebot auf den Schulhöfen starten: Zunächst an der Schlossgartenschule soll vormittags zehn Minuten lang ein Mitmachprogramm angeboten werden.

B 52-Verbändekooperation

Zur B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg gehören der BKK Landesverband , die IKK classic, der Verband der Ersatzkassen und die Knappschaft-Regionaldirektion München. Etwa 60 Prozent der Bürger Baden-Württembergs sind in diesen Kassen versichert. Der Förderpreis würdigt Kommunen, die nachhaltig die Gesundheit ihrer Bewohner fördern.

Esslinger Zeitung vom 25.1.2014

 

KOMMENTAR

Glücksfall

von Regina Schultze

Die Wernauer Kinder und Jugendlichen haben es gut: Weil der engagierte Sportlehrer Oliver Otto hier wohnt, testet er viele seiner Ideen in seinem Wohnort. Und die hat der umtriebige 40-jährige Ex-Profifußballer. Mal bietet er ein Fußballtraining im Eisstadion (in Eishockeyausrüstung) zur Schulung des Gleichgewichtssinns an. Oder er holt Spitzenkoch Roy Kieferle zum Wernauer Sporttag „Schmatz und Schwitz“. Der produzierte mit den Kindern ein „Super-Power-Müsli“, das auch die Fußball-Nationalmannschaft bekommen hat. Klar – das schmeckt.Das jüngste „Baby“ ist das viermonatige Projekt Lokomotion, was schlicht Fortbewegung heißt. Wie viel eine zusätzliche Sportstunde bei Kindern bewirken kann, belegt Otto mit Diagrammen und Zahlen. Dabei geht es dem Vater zweier sportlicher Töchter nicht darum, den Nachwuchs in ein Schneller-höher-weiter-Raster zu pressen. Immer steht der Spaß im Vordergrund. Nur so lassen sich Kinder von der Couch oder weg vom Computer locken.Wenn Otto sein Gaudi-Spielmobil auspackt und Laufräder, Pedalos, Skateboards, Roller, Gokarts, Wackelbretter oder Stelzen auspackt, leuchten die Augen und rennen die Kinder, bis sie rote Backen haben. Selbst Dickere, denen man ansieht, dass sie mit Sport wenig am Hut haben, lassen sich begeistern. Auch sie finden Übungen, die sie testen wollen. Und, ganz wichtig, mit denen sie Erfolge haben – ob als Hase auf dem Wackelbrett oder als Flamingo auf einem Bein.Die oft selbst entwickelten Roller und Räder setzt Otto auch für seine spaßige Verkehrserziehung für Kindergartenkinder ein. Mit witzigen Sprüchen trifft das frühere Mitglied der Fußball-Junioren-Nationalmannschaft den richtigen Ton. Am Zebrastreifen bringt er die Kleinen zum Kichern, wenn er fragt: „Muss ich mich da als Zebra anmalen?“ Den Mix des Projekts Balu (Balance, Antrieb, Lokomotion und Umsicht im Verkehr) durften 100 Kindergartenkinder testen. Nach zwei Mal 90 Minuten verbesserten 96,7 Prozent der Steppkes ihre Koordination. Oliver Otto ist ein Glücksfall für Wernau. Unterstützung braucht er aber. Mitstreiter findet er in der Stadt mit dem sportbegeisterten Bürgermeister Armin Elbl. Und ganz wichtig: Viele Projekte blieben in der Schublade, würden nicht die Bosch BKK Wernau und die Firma Junkers regelmäßig die Geldbeutel öffnen. Da passt alles zusammen.

erschienen in der Esslinger Zeitung vom 13.2.13

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