Lokomotion mit tollen Ergebnissen

„Extrem schnelle Zuwächse bei der Koordination“

WERNAU: Ex-Profifußballer Oliver Otto bringt Kindern Spaß am Sport bei – Zusätzliche Sportstunde wirkt

Kleine Ritter auf der umgedrehten Bank: Jeder versucht, den anderen mit dem Gymnastikstab aus der Balance zu bringen. Wer zuerst fällt, hat verloren. Fotos: Otto

Kinder lernen schnell. Das merkt der Ex-Profifußballer Oliver Otto, inzwischen Jugendleiter für Bildung und Erziehung beim VfB Stuttgart, immer wieder. Verschiedene Bewegungsprogramme bietet er in seiner Heimatstadt Wernau an und testet sie. Zu den bewährten Projekten gehört „Lokomotion“, die zusätzliche wöchentliche Sportstunde für Kinder im Grundschulalter.

Von Regina Schultze

„Ich bin sehr stolz, dass wir richtig tolle Ergebnisse vorweisen können“, sagt der Wernauer. „Bei der Koordination haben wir extrem schnelle Zuwächse – das motiviert“, freut sich der 42-Jährige. Freiwillig und gratis durften die Erst- bis Viertklässler zu der Spiel-, Sport- und Spaßstunde kommen, zu der Otto mit seinem sechsköpfigen Helferteam von Oktober bis Dezember in der Turnhalle der Wernauer Realschule eingeladen hat. Das Vierteljahr finanzieren die Krankenkasse Bosch BKK und die Stadt Wernau. „Viele würden das gerne das ganze Jahr machen“, berichtet Otto über die Sportbegeisterung der Kinder, die er angefacht hat. Das ist auch das oberste Ziel der Aktion: möglichst viele Kinder zum Sporttreiben zu motivieren.

Die „Lokomotion“-Stunden wurden den Grundschulkindern zum dritten Mal in Folge angeboten. Diesmal machten 40 Sprösslinge im Alter von sechs bis zehn Jahren mit. Regelmäßig kamen sie freitags von 14 bis 15 Uhr zu den Stunden. Wie immer erhebt der Sportlehrer zu Beginn des Projekts die Daten der Kinder, zum Beispiel bei einem sechsminütigen Ausdauerlauf, einem 20-Meter-Sprint, beim Einbeinstand, beim Sackhüpfen über die Distanz von zehn Metern. Manche Kinder haben wenig Erfahrung mit Sport, manche sind schon in Vereinen aktiv. Nach drei Monaten zeigen die Messungen jedoch bei allen, dass sie sich verbessert haben, manche sogar enorm. Viele der bunten Balken in den Diagrammen sind in der penibel geführten Auswertung steil gewachsen.

ERFOLG AUF DEM PEDALO

„Fahrgeräte sind immer motivierend“, weiß Otto. Manche standen zuvor noch nie auf einem Pedalo. „Relativ viele Kinder haben keine ausreichenden Bewegungserfahrungen und nur mangelnde koordinative Fähigkeiten“, kritisiert Otto. Ängstliche werden zunächst auf dem Pedalo gezogen und dürfen mit Hilfestellung fahren. Ein Kind schaffte die 10-Meter-Strecke alleine dann in 87,5 Sekunden – schon das ein Erfolg. Von Woche zu Woche wurde die Zeit besser, nun stehen 9,1 Sekunden auf dem Blatt.

Beim Ritterspiel sind die Mädchen häufiger erst einmal etwas vorsichtiger, hat Otto beobachtet. Die Jungs zieht es dagegen schnell in Zweiergruppen auf die umgedrehte Bank. Ziel ist es, den Kontrahenten mit dem gemeinsam gefassten Gymnastikstab auf dem schmalen Holzsteg aus der Balance zu bringen. Wer zuerst auf die Weichbodenmatte fällt, hat verloren. So üben die Kinder nicht nur ihren Gleichgewichtssinn. „Auch das Fallen ist wichtig“, erklärt der Sportlehrer. Spaß haben die Kinder in den abwechslungsreichen Sportstunden. Freiwillig bewegen sie sich, und das gerne. Das kann Sportfan Otto an den Zahlen ablesen. Viele Eltern kreuzen an, dass sie ihren Nachwuchs in einem Sportverein anmelden wollen.

Wie das so ist mit guten Absichten: Besser, man kontrolliert das. Und da zeigen Ottos Zahlen von 2013 beeindruckend, dass 52 Prozent der Kinder tatsächlich beim Sport geblieben sind und in einem Verein angemeldet wurden. Der 42-Jährige hofft, dass die Kinder des Projekts 2014 ähnlich aktiv bleiben. Und er würde sich freuen, wenn er im Herbst zur vierten Runde „Lokomotion“ einladen kann. Die Bosch BKK hat signalisiert, dass sie das will.

erschienen in der Esslinger Zeitung vom 05.01.2015

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